Strukturelle Indikatoren
- struktureller Rassismus in öffentlichen Einrichtungen
- offene Trans*- und Homofeindlichkeit in öffentlichen Einrichtungen
- schlechtere Bildungschancen für bestimmte Gruppen
- intransparente oder willkürliche Aufnahmekriterien in Bildungseinrichtungen
- fehlende Angebote für junge Menschen, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind, weil sie zum Beispiel queer und muslimisch sind
Soziale und Verhaltensindikatoren
- Unsichtbarkeit von mehrfach diskriminierenden Lebensrealitäten, etwa durch fehlende Bilder, Bücher, Informationsmaterialien
- ethnische Diskriminierung und rassistische Äußerungen
- sexistische Bemerkungen und geschlechtsspezifische Abwertung, zum Beispiel Exotisierung von Schwarzen jungen Frauen*
- religiöse Diskriminierung, etwa gegen muslimische oder jüdische Kinder
- Mobbing aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität
- Ausgrenzung von Kindern mit Behinderungen
Spezifische Manifestationen
- rassistische Zuschreibung von besonders ausgeprägter Queerfeindlichkeit bei muslimischen oder muslimisch gelesenen Menschen/Familien
- Verwendung rassistischer Bezeichnungen
- stereotype Zuschreibungen, die auf vermeintlicher Herkunft basieren
- Zuweisung veralteter Frauen- und Männerbilder sowie Geschlechterrollen
- antisemitische Beleidigungen
- Beschimpfungen oder abwertende Äußerungen, die auf die Sexualität und/oder geschlechtliche Identität einer Person abzielen
- physische Gewalt oder deren Androhung
- Erwartungshaltung, dass rassismusbetroffene und/oder be_hinderte junge Menschen nicht auch queer und/oder trans* sein können
- Annahme, dass be_hinderte junge Menschen keine Sexualität beziehungsweise keine (queere) sexuelle Identität haben
- Erfahrung von mehrfach diskriminierten jungen Menschen, dass sogenannte Safe Spaces nur sicher im Hinblick auf eines ihrer Identitätsmerkmale sind, sie dort aber bezüglich anderer Merkmale Diskriminierung erleben. Beispiel: Ein queerer Jugendklub, der nicht rassismuskritisch arbeitet, ist für queere rassismuserfahrene junge Menschen kein sicherer Raum.
Subtile Formen von Diskriminierung
- stereotype Darstellungen in Lehrmaterialien
- Abwertung der Fähigkeiten bestimmter Gruppen durch Lehrkräfte oder andere „Erwachsene“, zu denen man möglicherweise in einem Abhängigkeitsverhältnis steht
- Verweigerung von Namensänderungen für trans* Personen
- ungleiche Behandlung, etwa bei der Vergabe von Kitaplätzen, Therapieplätzen und Ähnlichem
Auswirkungen und Folgen
- Einschränkung der Lern- und Teilhabemöglichkeiten
- soziale Isolation und mangelnde Integration
- psychische Belastungen wie Schlafstörungen, Essstörungen, Selbstverletzungen oder sonstiges Suchtverhalten
- Schulabsentismus und Leistungsabfall
- Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten
Weitere Indikatoren für eine diskriminierungsbedingte Gefahrensituation
Diskriminierung kann in verschiedenen Kontexten zu Gefahrensituationen führen und stellt ein ernsthaftes Risiko für die Betroffenen dar. Um solche Situationen zu erkennen und einschätzen zu können, gibt es verschiedene Ebenen und Risikofaktoren:
Interpersonelle Ebene:
- ungleiche Behandlung ohne sachliche Rechtfertigung
- abwertende Äußerungen oder Verhaltensweisen
- Ausgrenzung oder Verweigerung von Leistungen
- körperliche oder verbale Übergriffe
- diskriminierungsunsensible Gesprächsführung
Institutionelle Ebene:
- benachteiligende Gesetze
- diskriminierungsunsensible Verfahren oder Routinen
- fehlende Barrierefreiheit
- mangelnde diversitätssensible Angebote
Risikofaktoren
Personenbezogene Faktoren
- ethnische Herkunft
- Geschlecht und Geschlechtsidentität
- Alter
- Behinderung
- sexuelle Orientierung
- sozioökonomischer Status
- Gewicht
Kontextfaktoren
- Ökonomisierung des Gesundheitssystems
- Zeit- und Personalmangel
- fehlende interkulturelle Kompetenzen
- mangelndes Fachwissen zu spezifischen Gruppen
Einschätzung von Gefahrensituationen
Um Gefahrensituationen durch Diskriminierung effektiv einzuschätzen und zu verhindern, ist eine kontinuierliche Sensibilisierung und Reflexion aller Beteiligten notwendig. Besonders wichtig sind dabei die Berücksichtigung individueller Lebenssituationen und -welten und ein diversitätssensibler Ansatz in allen Bereichen und speziell im Bereich marginalisierter Gruppen.
Bei der Einschätzung von diskriminierungsbedingten Gefahrensituationen sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Kumulation von Risikofaktoren: Je mehr Risikofaktoren zusammenkommen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Diskriminierung und daraus resultierende Gefahren für den jungen Menschen.
- Intersektionalität: Das Zusammenwirken verschiedener Diskriminierungsformen kann die Gefährdung verstärken.
- Strukturelle Benachteiligung: Institutionelle Diskriminierung kann zu systematischer Benachteiligung führen, auch ohne direkte Absicht einzelner Personen.
- Auswirkungen auf Gesundheit: Wiederholte Diskriminierungserfahrungen können sich negativ auf den Gesundheitszustand und die Entwicklung auswirken.
- Zugang zu Hilfe: Diskriminierung kann (durch Schädigung des Vertrauens) den Zugang zu Unterstützungsangeboten erschweren und so Gefahrensituationen verschärfen.